Ich freue mich, heute endlich ankündigen zu können, dass unsere Studie „Energie-Zukünfte“ erschienen ist.
Energie-Zukünfte: https://shop.themis-foresight.com/produkt/energie-zukuenfte-report/
Die aktuelle Energiepreiskrise droht, große Teile der europäischen Wirtschaft zu erdrosseln. Sie ist die Folge einer Politik, die Deutschland einerseits einseitig abhängig von einem Haupt-Energielieferanten machte und andererseits Maßnahmen zu Abschaltung konventioneller Energieerzeugung einleitete, bevor ein neues System erneuerbarer Energien die Ausfälle in der Grundlastversorgung kompensieren konnte. Die Debatten darüber, wer wann zu welchem Zeitpunkt Schuld oder Mitschuld an diesen Entscheidungen trug, sind für unsere Arbeit an dieser Stelle wenig sinnvoll. Für die Zukunft gilt es jedoch, diese Fehler nicht in anderer Form zu wiederholen. Wir müssen uns von Abhängigkeiten lösen und ein Energiesystem etablieren, dessen Komponenten ineinandergreifen. Wenn wir heute aus einer Schnellschussreaktion heraus blind in einzelne Technologien investieren, mag es gut sein, dass wir in wenigen Jahren oder Jahrzehnten vor ähnlichen Problemen wie heute stehen. Der vorliegende Report ist eine Zukunftsstudie, die aufzeigt, wie es in Zukunft sein kann. Ihr Zeithorizont reicht bewusst bis ins Jahr 2050 und stellenweise sogar darüber hinaus.
Unser Senior Associate Prof. Dr. Lothar Abicht und ich haben daran fast ein Jahr gearbeitet, recherchiert und neueste Entwicklungen miteinbezogen. Somit ist sie eine der aktuellsten Energie-Studien, die es momentan gibt. Gegenstand der Zukunftsstudie sind mögliche und wahrscheinliche Ausgestaltungen des Energiesystems in Deutschland bis etwa 2050 unter den Bedingungen der fortschreitenden Dekarbonisierung. Sie ist die erste Veröffentlichung in einer Serie von Studien unter dem Titel „Die Fünfte Industrielle Revolution“. Der vorliegende Bericht umfasst 116 Seiten und referenziert 200 Quellen. Ich schließe mich der Meinung unseres Netzwerks gerne an, das den Energie-Report bereits als Pflichtlektüre für Politik, Wirtschaft und Gesellschafts-Vertreter:innen bestimmt hat.
Hier finden Sie mehr Informationen zur Studie.
Doch sei für die jetzige Situation so viel gesagt: Im Augenblick zählt jedes Watt! Egal, ob es durch Wind, Sonne, Öl, Gas, Wasser oder Kernspaltung erzeugt wird. Denn selbst kerngesunden Unternehmen wird derzeit die Möglichkeit genommen, Gewinne zu erwirtschaften, die dringend benötigt sind, um in ihre klimaneutrale Zukunft zu investieren. Erneuerbare Energien zur Hälfte des Vorkrisenpreises – bis 2035! Und noch ein zweiter Punkt sei zu heutigen Debatten erwähnt. Wenn wir den Blick nach vorn richten, ist es wenig hilfreich, davon zu sprechen, dass die Energiepreise „für immer“ oder „dauerhaft“ über dem Niveau vor dem russischen Überfall auf die Ukraine bleiben werden. Wer solche Äußerungen trifft, hat eine solche Zukunft schon akzeptiert. Ja, die nächsten fünf bis sieben Jahre werden hart. Doch ein Signal an die Wirtschaft zu senden, dass wer in Deutschland oder Europa produzieren will, „für immer“ einen massiven Wettbewerbsnachteil gegenüber einer Ansiedlung bspw. in den USA haben wird, ist fatal – zumal es auch nicht stimmt.
Unsere Studie listet an die 100 Technologien auf, die heute schon in der Lage sind, Strom und Brennstoffe klimaneutral zu erzeugen und zu speichern. Sie diskutiert Versorgungs- und Geschäftsmodelle, die Energiesicherheit klimaneutral gewährleisten können. Und sie erwähnt die Voraussetzungen, die geschaffen werden müssen, uns in die Entwicklung und den Ausbau dieser Formen von Energieversorgung hineinzubewegen. Statt zu verlautbaren, dass Energie „für immer“ teurer sein wird als vor dem Krieg gegen die Ukraine, sind wir besser beraten, uns ein Ziel zu setzen. Es könnte lauten: Bis 2035 wird erneuerbare Energieversorgung grünen Strom und grüne Brennstoffe in einem Umfang liefern, dass ihr Preis bei der Hälfte des Vorkriegsniveaus liegen wird. Und dann müssen wir daran arbeiten! Landesregierungen ordentlich auf die Finger klopfen, wenn sie sich beim Netzausbau gegenseitig blockieren, ein positives gesellschaftliches Klima erzeugen, das Nimbytum entmutigt und Machen belohnt, dem Energieministerium deutlich sagen, dass eine Absenkung der Genehmigung für einen Windpark von derzeit acht auf zukünftig zwei Jahre noch lange nicht gut genug ist und ein Monat verbunden mit papierlosen Verfahren erstrebenswert ist. Ihnen fallen sicher noch hunderte andere Dinge ein. Wer von Ihnen in den letzten 10 Jahren auf einer Innovationskonferenz war, wird unweigerlich eine Version der Geschichte von John F. Kennedys Moonshot-Rede gehört haben, mit der er 1961 vor dem US-Kongress damit warb, noch vor Ende der Dekade Menschen auf den Mond zu schicken.
Ich kann verstehen, dass viele müde geworden sind, verbesserte Autokorrektur und putzige Avatare in virtuellen Welten als Moonshot zu bezeichnen. Mir geht es auch so. Aber wenn es uns gelingt, das Thema erneuerbare Energie im Überfluss zum Moonshot zu machen, dann ist das das Signal, das die Industrie heute braucht. Dass sie bereit ist, mitzuziehen, hat sie in den letzten fünf Jahren eindrucksvoll unter Beweis gestellt. In eigener Sache Wer Themis Foresight folgt, hat sich vielleicht schon daran gewöhnt, dass wir unsere Trendanalysen und Studien (https://themis-foresight.com/publications/) kostenlos zur Verfügung stellen. Das werden wir in vielen Fällen auch weiterhin tun – insbesondere dann, wenn wir für ein unterbelichtetes Thema Aufmerksamkeit schaffen wollen. Noch in den nächsten Tagen erscheint eine Analyse zu Zukünften der europäischen Wirtschaft in einer neuen Weltordnung, die Sie sich wie gewohnt kostenlos herunterladen können.
Beim Projekt „Die Fünfte Industrielle Revolution“ machen wir eine Ausnahme. Allein in diesem umfassenden Energie-Bericht und den schon fertigen Folgeberichten stecken Monate von Arbeit. Weitere Berichte sind inmitten der Recherchephase. Themis Foresight ist unabhängig und streitbar. Wir folgen keiner Agenda einer politischen Partei oder eines Verbandes, auch wenn wir mit Wirtschaftsverbänden punktuell kooperieren, Ministerien und Politiker:innen informiert halten oder Aussagen von Unternehmen unterstützen, die wir für unterstützenswert halten. Doch auch die Kehrseite von Unterstützung – kritischer Dialog – liegt uns am Herzen. Und eine kritische Auseinandersetzung mit vorherrschenden Meinungen erfordert Unabhängigkeit und das gleiche Maß an solider Recherche, das wir an den Tag legen, wenn wir für Unternehmen Zukunftsszenarien und Technologie-Roadmaps entwickeln oder Analysen schreiben. Gute Forschung, so wie jedes andere gute Produkt, hat einen Preis. Und nun wünsche ich Ihnen eine anregende Lektüre!
Ihr
Jan Berger
Themis Foresight GmbH