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17. Oktober 2024: Jetzt für unser Future Lab zur Zukunft der Industriearbeit bewerben

Wie sieht eine wünschenswerte aber dennoch realistische Zukunft für die deutsche Industrie und daraus abgeleitet die Industriearbeit der Zukunft aus? Darüber diskutieren wir in unserem nächsten Future Lab in Frankfurt. Wir laden dabei Executives aus Industrie-Unternehmen, Gewerkschaftsvertreter, Arbeitgeberverbände und weitere Interessierte ein, Teil der eintägigen Diskussion und Ausarbeitung zu sein. Interessierte können sich ab jetzt bewerben.

17. Oktober 2024 – Silberturm – Frankfurt – 9.00-17.30 Uhr mit anschließendem Dinner

Worum geht es in diesem Future Lab? 

Nach 30 Tiefen-Interviews unter Industrie- und Arbeits-Experten, einer Umfrage unter 90 Wirtschaftslenkern und zwei Future Labs mit hochkarätigen Diskutanten geht es in die finale Runde:

In unserem nächsten „Zukünfte-Labor“ stellen wir mögliche Szenarien für die deutsche Industrie und jeweilige Entwicklungen der Industriearbeit vor. Gemeinsam diskutieren wir mit Executives der Industrie, führenden Analysten, Politik- und Gesellschaftsvertretern, welche Elemente und Entwicklungen wünschenswert wären. Daraus leiten wir ein Zukunftsbild ab.

Diese Diskussion findet im kleinen Kreis von maximal 30 Personen statt, Teilnehmer müssen sich bewerben bzw. erhalten eine persönliche Einladung von Themis Foresight ausgesprochen.

Sie gewinnen dabei nicht nur neue inhaltliche Erkenntnisse: Futures Literacy ist die Fähigkeit, „die es den Menschen ermöglicht, die Rolle der Zukunft in dem, was sie sehen und tun, besser zu verstehen. Zukunftskompetenz zu haben, befähigt die Vorstellungskraft und verbessert unsere Fähigkeit, uns auf Veränderungen vorzubereiten, uns in Krisen aufzurappeln und neu zu erfinden.“ Die Arbeit in unseren Future Labs gibt Executives die Möglichkeit, diese Kompetenz zu erlernen.

Gestalten Sie das Zukunftsbild mit. In der zweiten Hälfte unseres Forschungsprojektes geht es darum, die entwickelten Szenarien zu diskutieren und daraus abzuleiten, welche Zukunft Sie und andere führende Köpfe für Deutschlands Industriearbeit erstrebenswert finden. 

Die Veranstaltung findet bei unserem Projektpartner DB statt:

Silberturm (29. Stockwerk)
Jürgen-Ponto-Platz 1,
60329 Frankfurt am Main, Deutschland

Wir freuen uns auf Sie!

Bilder: Nicklas Katzer

Die Zukunft des europäischen Kapitalmarkts

Zunächst die guten Nachrichten: Laut Bloomberg NEF sind die Investitionen in den Übergang zu sauberer Energie im Jahr 2023 um 17 % gestiegen und haben 1,8 Billionen USD erreicht. Die schlechten Nachrichten: Um bis 2050 Netto-Null-CO2-Emissionen zu erreichen, werden von 2024 bis 2030 jährlich 4,8 Billionen USD benötigt.

Ermutigend ist, dass genügend Kapital auf dem Markt vorhanden ist, um dieses Ziel zu erreichen. Allerdings scheint es angesichts der derzeitigen Funktionsweise des europäischen Kapitalmarkts fraglich, ob die EU in der Lage sein wird, ihren Anteil an den benötigten 4,8 Billionen USD für die Netto-Null-Transformation aufzubringen.

  • Der Kapitalmarkt der EU ist in 27 Gesetzgebungen fragmentiert, und neben den bestehenden Vorschriften werden weitere EU-weite Regulierungen hinzukommen (wie z. B. CSRD-Berichterstattung). Doch die von Ex-EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker 2014 vorgeschlagene Kapitalmarktunion gewinnt nicht das nötige Momentum, um Realität zu werden.
  • Im Vergleich zum US-Kapitalmarkt scheint der europäische weniger leistungsfähig zu sein. Während die EU eine höhere allgemeine Investitionsquote (Investitionen im Verhältnis zum BIP) als die USA aufweist, übertrifft die USA die EU bei „produktiven“ Investitionen um 2 % des BIP. Dies sind Vermögenswerte, die direkt für die wirtschaftliche Produktion genutzt werden, wie Ausrüstung, immaterielles Geschäftskapital und Infrastruktur, im Gegensatz zu nicht-produktiven Vermögenswerten wie z.B. Wohngebäuden. Bei Investitionen in nicht-bauliche Vermögenswerte wie Maschinen, Ausrüstung und geistiges Eigentum vergrößert sich die Lücke zugunsten der USA auf 3,8 % des BIP.
  • Das europäische Bankensystem hält Vermögenswerte in Höhe von 300 % des BIP der EU, während es in den USA nur 85 % sind. Doch die USA haben eine starke und aktive Vermögensverwaltungsbranche.
  • Banken müssen aus guten Gründen eine Kernkapitalquote nachweisen. Daher sind Banken im Vergleich zur Vermögensverwaltungsbranche bei der Übernahme von Risiken eingeschränkt. Und soweit Banken in der Betriebsphase von Energieübergangsprojekten investiert sind, dauert es lange, Kapital für neue Investitionen zu erwirtschaften.

Diese Fakten werfen die Frage auf: Brauchen wir eine radikale Reform der Struktur und Funktionsweise des europäischen Kapitalmarkts?

Themis Foresight befindet sich in der Endphase der Veröffentlichung einer Studie über die Zukunft des europäischen Kapitalmarkts. Diese Studie untersucht Alternativen zur aktuellen Kapitalmarktstruktur. Wir laden Sie ein, gespannt zu bleiben, wenn wir die Studie Ende August veröffentlichen.

In der Zwischenzeit laden wir die kenntnisreichen und meinungsstarken Leser unseres Newsletters ein, Kommentare zu vier möglichen Szenarien für den europäischen Kapitalmarkt abzugeben. Bei Angabe der E-Mail erhalten Sie nach Abschluss der Studie unsere Forschungsergebnisse.

Alle vier Szenarien mögen auf den ersten Blick illusorisch und „unmöglich“ erscheinen. Doch wir haben die Szenarien zu einem einzigen Zweck erstellt: Was muss getan werden, um die Netto-Null-Transformation der europäischen Industrie zu erreichen? Wir sind davon ausgegangen, dass in jedem Szenario die Netto-Null-Ziele erreicht werden. Dabei untersuchen wir zwei zentrale Veränderungsparameter:

  1. Wird der europäische Kapitalmarkt so fragmentiert bleiben wie bisher? Oder werden wir eine Kapitalmarktunion erreichen?
  2. Werden Banken weiterhin Vermögenswerte in Höhe von 300 % des BIP halten? Oder wird die europäische Vermögensverwaltungsbranche wachsen und mehr Risiken (und Chancen) der Netto-Null-Transformation übernehmen?

Wir freuen uns hier auf fundierte Kommentare unserer Leser, die die vier derzeit vorgeschlagenen Szenarien herausfordern, validieren und modifizieren können. Die Umfrage endet am 14. Juli um 23:59 Uhr. 

Wir freuen uns darauf, die Ergebnisse unserer Studie Ende August zu veröffentlichen – wie gewohnt kostenlos.

Vielen Dank für Ihre Teilnahme!

Und allen, die bald einen wohlverdienten Sommerurlaub antreten – genießen Sie ihn, tanken Sie Energie auf, es gibt viel zu tun. Die Zukunft ist das, was wir daraus machen!

Mit besten Grüßen

Jan Berger & Carina Stöttner

85% glauben an eine erfolgreiche Industrie in Deutschland: Ergebnisse unserer Foresight-Studie zu zukünftiger Industrie und Arbeit in Deutschland

Im Bild: Die Teilnehmer:innen des Future Labs im Look21 des Gastgebers Südwestmetall.

Wir sind inmitten einer Transformation. Nicht nur die letzten Wahlergebnisse zeigen: Etablierte und neue Akteure kämpfen um die Gunst der Gesellschaft – die Annahme, dass tradierte Parteien auch in Zukunft in die Regierung einziehen werden, ist längst nicht mehr selbstverständlich. Wir befinden uns in einer Phase der Aushandlung neuer Werte, in der eine Dissonanz zwischen Erneuerung und Beharrung herrscht und verschiedenste Meinungen und Ideologien koexistieren. Was für Politik und Gesellschaft gilt, gilt auch für die Wirtschaft. Während die Deindustrialisierung mediale Diskurse dominiert, blickt Themis Foresight offen auf die Zukunft der Industrie: nichts ist entschieden. So turbulent die Zeiten scheinen mögen, zeigen sie doch vor allem, dass wir noch inmitten einer Neu-Orientierung stecken. Eine Themis Foresight Umfrage unter über 90 Wirtschaftslenkern, Analysten und Industrievertretern zeigt, dass nur etwa ein Sechstel der Befragten an eine tatsächliche Deindustrialisierung glaubt.

Am 18. Juni fand in Stuttgart, mit freundlicher Unterstützung unseres Partner-Unternehmens Südwestmetall, unser jüngstes Future Lab statt. Diese Veranstaltung bot uns die Gelegenheit, die Ergebnisse unserer Studie „Zukunft der Industriearbeit“ zu präsentieren. Diese basieren auf 30 Tiefen-Interviews sowie einer umfassenden Umfrage, die wertvolle Einblicke in die zukünftige Entwicklung der Industriearbeit geben.

Studienergebnisse: Ein Überblick

Carina Stöttner stellte die zentralen Ergebnisse der Umfrage vor, die unter über 90 Wirtschaftslenkern, Analysten und Industrievertretern durchgeführt wurde. Dabei wurde deutlich, dass nur etwa ein Sechstel der Befragten an eine tatsächliche Deindustrialisierung glaubt. Mehr als ein Drittel der Befragten ist davon überzeugt, dass Deutschland in Zukunft eine deutlich diversifiziertere Industrie haben wird und als technologischer Vorreiter mit Deeptech-Lösungen agieren wird. Knapp ein Drittel glaubt daran, dass Industrieunternehmen weiterhin ihre Produktion ins Ausland verlagern, im Inland jedoch Innovationen umsetzen werden. Ein Fünftel ist überzeugt, dass wir zukünftig sogar mehr Industrieproduktion in Deutschland haben werden.

Zu den am meisten erwarteten industriellen Entwicklungen zählen hochspezialisierte und klimaneutrale Produkte, Kreislaufwirtschaft, Urban-Mining-Konzepte sowie optimierte aktuelle Produkte und Prozesse. Die Befragten sehen Deutschland nicht als Produzenten von Commodities; über 40% platzierten diese Option an letzter Stelle.

Erste Gerüste für Szenarien

Mit 29 engagierten Teilnehmerinnen und Teilnehmern erlebten wir rege Diskussionen, die zu wertvollen Erkenntnissen führten. Auf Basis der Umfrageergebnisse und der Tiefen-Interviews wurden erste Gerüste für mögliche Zukunftsszenarien der Industriearbeit diskutiert:

1. Deeptech-Industrie: Eine innovationsstarke globale Industrie, die neue Industriefelder hervorbringt und starke Partnerschaften eingeht. Hierzu zählen neue Fertigungsverfahren, eine starke Biotechnologie, fortschrittliche Computing-Möglichkeiten und Entwicklungen in der Robotik.

2. Made in Germany / Europe: Eine stärkere Regionalisierung mit Reshoring und Nearshoring von Industrieproduktion im europäischen Raum. Hier wurden sowohl protektionistische Ansätze als auch weltoffene Optionen mit all ihren Vor- und Nachteilen diskutiert.

3. Designed in Germany, Made in X: Eine Verlagerung der Produktion in andere Länder, wodurch neue Kapazitäten für Innovation und Leitanlagen im Inland entstehen und Raum für technologische Vorherrschaft geschaffen wird.

Zukünftige Qualifikationsanforderungen

Jedes der Szenarien zieht unterschiedliche Qualifikationen und Fachkräftebedarfe nach sich. Die meisten Befragten glauben, dass wir vor allem hochqualifizierte Spezialkräfte benötigen werden. Knapp dahinter rangieren technisch solide New Collar Worker und dual ausgebildete Fachkräfte. Nur ein Bruchteil glaubt daran, dass alle Qualifikationsstufen – auch niedrig qualifizierte Arbeitskräfte – in der Zukunft der Industriearbeit noch einen Platz haben werden. Bildung, Aus- und Weiterbildung sind damit der Schlüssel für eine zukünftig erfolgreiche Industrie und gesellschaftlichen Frieden.

Gesellschaftliche Auswirkungen und Herausforderungen

Die Diskussionen im Future Lab zeigten, dass alle Szenarien Raum für sowohl gesellschaftliche Stabilität als auch Spaltung bieten. Es wurde jedoch angenommen, dass mit höherem Wohlstand soziale Probleme besser gelöst werden können. 

Ein hoher Automatisierungsgrad könnte dazu führen, dass insbesondere Niedrigqualifizierte ihre Arbeitsplätze verlieren, während Hochqualifizierte mit einer Überlast an Arbeit konfrontiert sind. Insbesondere im Szenario „Designed in Germany, made in X“ profitiert hauptsächlich die Bildungs-Elite von hochbezahlten Jobs – eine gesellschaftliche Spaltung wäre denkbar. Eine solche Transformation sollte sich neben der Ausbildung von Top-Talenten vor allem auch mit einer Umschulung und gesellschaftlich sinnvollen Integration von ehemaligen Industriearbeitern konzentrieren. 

Eine abgeschottete Wirtschaft – im Beispiel einer stärkeren Regionalisierung – könnte dazu führen, dass Politik gezielt Automatisierung reglementiert, um eine augenscheinlich menschenfreundliche Gesellschaft zu fördern, sodass menschliche Jobs z.B. gesichert werden. Was menschenzentriert anmutet, könnte jedoch einen Verlust von Innovationskraft und Produktivität und einen damit einhergehenden Wohlstandsverlust bedeuten, der womöglich zu gesellschaftlichen Unruhen führt. 

Das Szenario „Deeptech-Industrie“ scheint gesellschaftlich eine humane Balance zu schaffen. Es kommt jedoch nicht ohne Herausforderungen: Wird der technologische Wandel nicht sorgfältig begleitet, könnten sich Tech-Enthusiasten und Tech-Gegner gegenüberstehen, insbesondere bei ethischen Fragen zu genmodifzierten Pflanzen, KI, Robotik oder der Erforschung von noch unbekannten Phänomenen.

Perspektiven und Ausblick

In einem Szenario einer stark vernetzten, globalen Welt könnte Deutschland als Vorreiter im Bereich Deeptech agieren und eine führende Rolle auf der globalen Bühne einnehmen. Es stellte sich die Frage, ob sich entwickelnde Länder die manuelle industrielle Phase überspringen und direkt eine hochautomatisierte und klimafreundlichere Industrie etablieren könnten. Dies könnte zu einer global ausgewogeneren und kooperativeren Wirtschaft aber auch neuen Wettbewerbern führen. 

In einem Szenario der Regionalisierung und des Reshorings ist es realistisch anzunehmen, dass dieser Prozess eher auf europäischer Ebene als rein national stattfindet. Ein protektionistischer Ansatz könnte wirtschaftliche Stagnation und Wohlstandsverluste mit sich bringen, während eine weltoffene Variante Skalierungsmöglichkeiten in Local-for-Local-Strategien bietet und somit globale Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft ermöglicht.

Nächste Schritte

Das Future Lab hat gezeigt, dass die Zukunft der Industriearbeit noch viele Fragen offen lässt. Die Analyse dazu wird in den kommenden Wochen finalisiert und auf unserer Website veröffentlicht. Das nächste Future Lab findet am 17. Oktober 2024 statt, und interessierte Teilnehmerinnen und Teilnehmer können sich hier bewerben:

Im nächsten Future Lab stellen wir die finalen Szenarien vor und leiten daraus ein wünschenswertes Zukunftsbild für die Industrie ab. Industrievertreter sind herzlich eingeladen, sich daran zu beteiligen.

Wir danken allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern für ihre wertvollen Beiträge und das zahlreiche Feedback, das in die weitere Ausarbeitung der Szenarien einfließen wird. Gemeinsam gestalten wir die Zukunft der Industriearbeit.

Versteckte Narrative im Unternehmen aufdecken – Unser Kunde DB über die Causal Layered Analysis

In einem Vortrag auf dem dritten Event des Zusammenschlusses „Kritische Zukunftsforschung“ gab Jörg Blechschmidt, Product Owner Digital Foresight bei der Bahn-Tochter DB Systel, Einblicke in ein Zukunftsprojekt, in dem sie mit Themis Foresight zusammengearbeitet haben.

Danke an dieser Stelle an die kritische Zukunftsforschung für die Aufzeichnung und Aufbereitung des Vortrags online.

Causal Layered Analysis – Was ist der Mehrwert? Jörg Blechschmidt im Video des Events der kritischen Zukunftsforschung.

Ziel des Projektes war es, Spannungsfelder zur heutigen Strategie der DB zu identifizieren und Zukunftsimpulse 2035 zu entwickeln. Themis Foresight unterstützte die Digitaltochter DB Systel in diesem Projekt mit einer Causal Layered Analysis (CLA).

Das Projekt hatte als Ausgangspunkt das Basisszenario namens „Digitale Zukunft 2035“. Dabei nutzte die DB verschiedene Ressourcen wie Trendstudien und externe Impulse, um ein kohärentes Bild zukünftiger Digitaltrends zu erstellen, die speziell auf die Bedürfnisse der Deutschen Bahn zugeschnitten sind.

Dafür holten sich Jörg Blechschmidt und sein Team bewusst extrem Unterstützung, um unbewusste Narrative und Biases aufzudecken. Der Mehrwert der CLA lag insbesondere in der Reflexion, die es ermöglichte, implizite Annahmen und blinde Flecken innerhalb der vorhandenen Strategien zu identifizieren.

Durch die Verwendung der CLA konnten tiefere systemische Ursachen und zugrundeliegende Weltanschauungen, die die bestehenden strategischen Ansichten prägen, offengelegt und hinterfragt werden. Dieser Prozess führte zu einem besseren Verständnis der eigenen Annahmen und der strategischen Richtung des Unternehmens. Letztlich hat dieser Ansatz das Team befähigt, bewusstere und fundiertere Entscheidungen zu treffen und die Strategieentwicklung innerhalb der Organisation durch eine kritische Überprüfung und Erweiterung der eigenen Perspektiven zu verbessern.

Diese Methode erweiterte nicht nur die Blickwinkel des Foresight-Teams, sondern förderte auch intensivere strategische Diskussionen innerhalb von DB Systel. Blechschmidt hebt die Wichtigkeit dieser Analyse hervor, da sie entscheidend für die Entwicklung einer realitätsnahen und anpassungsfähigen Zukunftsstrategie ist.

Wenn Sie mehr über unsere Methoden erfahren wollen oder etwas Ähnliches bei Ihnen im Unternehmen durchführen wollen, können wir uns gerne darüber austauschen.

Das war das Future Lab zur Zukunft der Industriearbeit in Deutschland

In diesem Jahr haben wir eine groß angelegte Studie zur Zukunft der deutschen Industriearbeit gestartet. Themis Foresight hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Foresight-Fähigkeit ihres Netzwerks zu schärfen und zukunftsweisende Perspektiven in einem Zukunftsbild für die Industriearbeit in Deutschland und Europa zu entwickeln. In unserem jüngsten Future Lab am 5. März 2024 im Berliner Palais Populaire haben wir dabei die ersten Ergebnisse vorgestellt und in die Tiefe diskutiert. Gemeinsam mit führenden Vertreter:innen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft haben wir tief in die möglichen Zukünfte der Industrie und damit verbundenen Arbeitswelt geblickt.

Diskussionsreiches Treffen

Unter der Leitung von Carina Stöttner und Jan Berger hat Themis Foresight eine Studie initiiert, die sich mit der Zukunft der Industriearbeit auseinandersetzt. Die erste Zusammenkunft dieses Projekts brachte nicht nur die Projektpartner der Deutschen Bahn, Südwestmetall und PrtX zusammen, sondern auch unsere Beiräte und weitere prominente Gäste. Diese Vielfalt an Perspektiven bereicherte die Diskussionen und sorgte für einen fruchtbaren Austausch.

Einblicke und Ausblicke

Die Veranstaltung bot eine Plattform für den Austausch über die ersten Ergebnisse unserer umfassenden Studie. Carina Stöttner präsentierte eine Zusammenfassung der Erkenntnisse aus der ersten Befragungswelle, die die Grundlage für unsere weiteren Untersuchungen bildet. Dr. Joachim Lang von der berlin advisors group / strategic minds und ZEIT Online-Journalistin Vanessa Vu gaben mit ihren Beiträgen zu Industriepolitik und Migration in Deutschland wichtige Impulse für die Diskussion über die Gestaltung unserer zukünftigen Arbeitswelt.

Das Herzstück unseres Future Labs war die Arbeit in Gruppen, in denen wir fünf starke Zukunftsthesen auf den Prüfstand stellten. Diese intensive Auseinandersetzung mit möglichen, wahrscheinlichen und wünschenswerten Zukünften zeigte einmal mehr, wie wichtig die wissenschaftliche Zukunftsforschung für die Gestaltung unserer Gesellschaft ist. Die Diskussionen und das Durchdenken der Konsequenzen ließen uns oft erstaunt, aber immer inspiriert zurück.

Der Weg geht weiter

Mit den gewonnenen Erkenntnissen sind wir bestens gerüstet, um in die nächste Phase unserer Studie einzutreten. Das nächste Future Lab verspricht, ein weiterer wichtiger Schritt bei der Entwicklung von Szenarien für die Zukunft der Industriearbeit zu sein. Für die nächste Studienphase gibt es nochmals die Gelegenheit, sich in das Projekt als Partner-Unternehmen einzubringen. Interessierte Unternehmen können sich bei Carina Stöttner unter cs@themis-foresight.com melden.

Und am 18. Juni 2024 findet in Stuttgart das nächste Future Lab statt, in dem wir Szenarien ausarbeiten werden. Die Anmeldung dafür ist offen. Der Early Bird Preis gilt noch bis Ende April 2024. Danke an unseren Partner Südwestmetall, der dafür seine Türen des Look21 öffnet.

Ein herzliches Dankeschön

Unser persönlicher Dank gilt allen, die dieses Future Lab zu einem Erfolg gemacht haben: Jan David Ott für seine professionelle Moderation, die unsere Diskussionen bereicherte, unseren Beiräten für ihre kritischen und wegweisenden Beiträge und natürlich unseren Projektpartnern für ihre großzügige Unterstützung und ihre außerordentlichen Diskussionspunkte.

Das Future Lab hat einmal mehr gezeigt, dass die Zukunft der Industriearbeit in Deutschland und Europa in unseren Händen liegt. Durch unseren gemeinsamen Einsatz und die Bereitschaft, über den Tellerrand hinauszuschauen, können wir die Weichen für eine prosperierende, gerechte und nachhaltige Arbeitswelt stellen.

Jetzt zum nächsten Future Lab anmelden

Veranstaltungen und Workshops in der Zukunftsforschung und Foresight

In einer Welt, die sich rasant verändert, ist es für Unternehmen essentiell, nicht nur auf den gegenwärtigen Erfolgen zu ruhen, sondern aktiv die Zukunft zu gestalten. Themis Foresight, eine führende Denkfabrik im Bereich der Zukunftsforschung und Corporate Foresight, bietet genau diese Möglichkeit. Mit unseren spezialisierten Veranstaltungen, bekannt als Future Labs, ermöglichen wir Unternehmen, tief in die möglichen Zukünfte ihrer Branche einzutauchen und langfristig neues Geschäftspotenzial zu erschließen.

Die Rolle von Future Labs in der Zukunftsgestaltung

In unseren Future Labs präsentieren wir unsere Forschung zu Themen wie Zukunft der Industrie, zukünftige Technologien wie KI oder Quantencomputing oder unser Wissen rund um die Studien zu zukünftigen geopolitischen Entwicklungen. Eine:r unserer Expert:innen stellt dabei zentrale Trends, Entwicklungen und Szenarien vor, die wir im Anschluss mit Teilnehmenden unterschiedlicher Branchen diskutieren. Diese öffentlichen Future Labs erhielten in der Vergangenheit großen Zuspruch. Teilnehmende erwerben durch die Beschäftigung mit diesen Themen Futures Literacy Kompetenzen.

Die nächsten Termine:

18. Juni 2024 – Stuttgart – Zukunft der Industrie und Industriearbeit

Gerne organisieren wir auch ein Future Lab speziell für Ihr Unternehmen, Ihre Region, Ihre Branche oder Ihre Strategie anwenden. Dabei nutzen wir in der Interaktion praktische Methoden wie Future Wheels, Backcasting und das Futures Triangle, um komplexe Zukunftsszenarien greifbar zu machen. Diese Methoden ermöglichen es den Teilnehmenden, innovative Zukunftsbilder, Szenarien sowie Technologie- und Geschäftsmodell-Roadmaps zu entwickeln.

Unsere Expertise und Ihr Nutzen

Themis Foresight unterstützt DAX-Unternehmen sowie Hidden Champions in Schlüsselbranchen wie Energie, Mobilität, Lebensmittel, Finanzdienstleistungen, ICT und Logistik in allen Zukunftsfragen. Unsere Erfahrung zeigt, dass vielen Führungskräften die Zeit fehlt, sich mit möglichen Zukünften auseinanderzusetzen. Genau hier setzen unsere Dienstleistungen an: Wir bieten nicht nur Einblicke in entscheidende und mögliche Entwicklungen der nächsten Dekaden, sondern identifizieren auch gesellschaftliche, wirtschaftliche und technologische Treiber, die Geschäftsmodelle und Branchen transformieren werden. Unser fundiertes Verständnis von Geschäftsmodellen und unsere Erfahrungen in Zusammenarbeit mit Executives helfen, Ihr Unternehmen in die Zukunft zu begleiten.

Wissenschaft trifft auf Praxis

Die Zukunftsforschung von Themis Foresight ist einzigartig, da sie wissenschaftsgetragene Forschung mit praktischer Zukunftsexpertise und unternehmerischen Gestaltungsoptionen verbindet. Unsere Strategien sind realitätsnah und umsetzbar, orientieren sich an menschlichen Bedürfnissen und wirtschaftlichen Notwendigkeiten und bereiten den Boden für wirtschaftliche, politische und rechtliche Veränderungen.

Das Ende der Wissensgesellschaft?

  • Profilbild Abicht

    Lothar Abicht
  • Juni 2023
  • Artikel

Wie verändert KI die Arbeitswelt? Stehen wir am Ende einer Ära?

Stehen wir vor dem Ende der Wissensgesellschaft?

Ein Blick zurück

Wer sich wie ich mit der Zukunft beschäftigt, sollte auch ab und zu einen Blick zurück in die (eigene) Vergangenheit werfen. Das hilft nicht nur, die sachlichen Zusammenhänge bei längeren Entwicklungslinien zu erkennen. Es wird auch deutlich, wie stark unsere Wahrnehmung zukünftiger Optionen durch Glauben und Hoffnungen oder auch Skepsis geprägt ist. Im Zusammenhang mit der Entwicklung der Arbeitswelt sind mir zwei Beispiele besonders im Gedächtnis geblieben.

Etwa im Jahr 2005 zog ich gemeinsam mit Vertretern der Handwerkskammer Halle durch die Landkreise des Kammerbezirkes, um die Handwerker*innen auf den bevorstehenden radikalen Einbruch bei den Bewerbern für Ausbildungsplätze vorzubereiten. Die Rechnung war einfach und kaum zu bezweifeln. Im Ergebnis der Wende hatten sich die Geburtenzahlen innerhalb eines Jahres etwa halbiert. 16 Jahre später würde sich auch die Zahl der Schulabgänger halbieren, was nach einer Übergangsphase auch die Anzahl der Bewerber drastisch reduziert. Die Handwerksmeister*innen betrachteten uns mit freundlicher Nachsicht als versponnene Wissenschaftler. Schließlich kamen auf jede offene Lehrstelle eine Vielzahl von Bewerber*innen. Wenige Jahre später änderte sich tatsächlich erst im Osten und dann im Westen die Bewerbersituation grundsätzlich und schlug durch bis auf den heute allgegenwärtigen Fachkräftemangel.

Noch mehr Ähnlichkeit mit dem Thema dieses Artikels haben meine Erfahrungen aus dem Jahren 2014/2015. Damals veröffentlichten Wissenschaftler der Oxford Universität eine Prognose, wieweit bis zum Jahr 2035 700 in den USA untersuchte Berufe bzw. Tätigkeiten automatisierbar sind, wobei auch der Begriff künstliche Intelligenz Anwendung fand. Sie kamen auf 47 Prozent. Die Studie schlug in der Öffentlichkeit ein wie eine Bombe. Es wurden mit ähnlicher Methodik für die Bundesrepublik aber auch für einzelne Regionen bzw. Bundesländer Studien angefertigt, deren Ergebnis teilweise noch drastischer aussahen. Bei Vorträgen in verschiedensten Teilen Deutschlands wurde ich nicht selten von den Veranstaltern mit der Regionalzeitung in der Hand begrüßt, die auf dem Titelblatt die zukünftig nicht mehr gebrauchten Berufsgruppen und die damit erwartbare Arbeitslosigkeit abbildete. Bemerkenswert an der Oxford-Studie und ihren deutschen Pendants war aber nicht nur der prozentuelle Anteil der Jobs, die verloren gehen sollten. Es war vielmehr die bis dahin wenig diskutierte Tatsache, dass Computerisierung, Automatisierung und künstliche Intelligenz zukünftig nicht nur einfache Produktionstätigkeiten, sondern viele kognitive Tätigkeiten der Wissensverarbeitung vom Juristen über den Ingenieur bis hin zu bestimmten Lehrtätigkeiten betreffen würden. Sogar die lange als unantastbar geltenden kreativen Tätigkeiten waren bereits zu finden.[1] Der Hype um die Studien hielt einige Monate an, aber da die konkreten Umsetzungen fehlten, verschwand er gemeinsam mit der Angst vor Arbeitslosigkeit so schnell, wie er gekommen war.

Fachkräftemangel heute und morgen

An seine Stelle trat der Fachkräftemangel, der uns bis heute begleitet und immer bedrohlichere Formen annimmt. Es fehlt an allen Ecken und glaubt man den Prognosen, wird alles noch viel schlimmer. Es fehlen Handwerker, Pflegekräfte, Ärzte, Erzieher, Lehrkräfte, Ingenieure, Informatiker, Verwaltungsangestellte usw. Spricht man mit Vertretern von Unternehmen oder Verwaltungen über die Probleme, welche sie am meisten belasten, so ist trotz aller aktuellen Krisen das Thema sehr bald der Fachkräftemangel. So habe ich es mit Konzernvertretern genauso erlebt wie mit Mittelständlern oder Handwerkern, egal ob die Veranstaltungen in München, Frankfurt oder Halle stattfanden.  Die Ursachen sind schnell gefunden. Neben einem stabilen und expandierenden Arbeitsmarkt ist es vor allem die demografische Entwicklung. Das zahlenmäßige Missverhältnis zwischen den Generationen führt permanent dazu, dass mehr Menschen aus dem Arbeitsleben austreten, als neu dazukommen. Wenn beispielsweise im Jahr 1965 1,35 Millionen Kinder geboren wurden und im Jahr 2000 ca. 780.000, lässt sich die Größenordnung des Problems zumindest erahnen. Der Mangel regiert und feiert immer neue Höchststände. Im vierten Quartal 2022 konnten Unternehmen in Deutschland etwa 2 Millionen Stellen nicht besetzen.[2] Als Folge ist die Wirtschaftsleistung in Deutschland geringer als möglich und viele Dienstleistungen können nicht erbracht werden. Um die Probleme in einzelnen Branchen zu beheben, wird regelmäßig empfohlen, die Löhne zu erhöhen und die Unternehmenskultur zu verbessern. Prinzipiell sind das für den Einzelnen gute Vorschläge, aber sie lösen das gesamtgesellschaftliche Problem nicht. Denn am Ende des Tages kommt es nur zu einer Umverteilung der knappen Arbeitskräfte. Die Decke ist einfach zu kurz, an der alle ziehen. 

Das Missverhältnis hat aber nicht nur negative Folgen. Wir erleben gegenwärtig, wie Berufseinsteiger und erfahrene Fachkräfte bereit und in der Lage sind, eine Gestaltung der Arbeitswelt einzufordern, die früher fast undenkbar war. Die Forderung nach Zeit- und Ortssouveränität, Arbeit, die Spaß macht, Freiräume bei der Arbeit und letztlich eine gelungene Verbindung von Arbeiten und Leben werden zwar aktuell oft der Generation Z zugeschrieben. Sie waren und sind aber auch bei der Generation Y stark ausgeprägt. Nur mit der Umsetzung haperte es. Doch inzwischen gilt: Je größer die Knappheit, je höher der Zwang der Unternehmen, sich anzupassen. Vorausgesetzt, die Unternehmen bleiben im Land und wandern nicht ab. Wer als Unternehmen keine flexible Arbeitszeit mit einem hohen Anteil Homeoffice anbietet, hat das Nachsehen. Das Unternehmen bekommt die hohe Wechselbereitschaft der Beschäftigten zu spüren. In vielen Branchen haben die Unternehmen insbesondere bei den Wissensarbeitern ausreichend Gestaltungsspielräume, die geforderte Flexibilität zu gewähren. Wie sich unschwer erkennen lässt, gilt das aber nicht für alle. Wer Maschinen bedient oder Menschen pflegt, kann das heute und in absehbarer Zeit nicht aus dem Homeoffice. Gleiches gilt für betreuende und lehrende Berufe für Kinder, für die Gastronomie und Serviceberufe und viele andere. Für die Wahl des Berufes oder der Studienrichtung wird die Möglichkeit der flexiblen Arbeitsgestaltung einschließlich der freien Orts- und Zeitwahl aber dennoch zum mehr und mehr bestimmenden Argument. Unter den Bedingungen des dauerhaften Fachkräftemangels (?) ist es eine durchaus rationale Entscheidung, Berufe und Tätigkeiten im Feld der Wissensverarbeitung zu wählen, welche die optimale Verbindung von Beruf und Familie, Arbeit und Freizeit ermöglichen und zudem noch ein gutes Arbeitsklima bieten. Berufe und Tätigkeiten mit „immanenter Anwesenheitspflicht“ geraten da mit wenigen Ausnahmen wie der Arztberuf zwangsläufig auf die Verliererstraße. Selbst dann, wenn die Löhne wie bei Lehrkräften im Sek I und II-Bereich allgemeinbildender Schulen im Vergleich zu anderen Berufsgruppen durchaus akzeptabel sind. Die Frage ist nur: Bleibt es wirklich dauerhaft oder zumindest sehr lange bei dem gegenwärtigen Fachkräftemangel? Oder kommt es wieder zur Zerstörung festgefügter Überzeugungen, wie ich sie mehrfach erlebt habe.

Wenn die Demografie zurückschlägt

Oben habe ich geschildert, welche Rolle das Missverhältnis zwischen Austritt (Babyboomer) und Eintritt (Generation Z) in den Arbeitsmarkt spielt. Für die nächsten Jahre wird dieses Missverhältnis uns noch enorm beschäftigen, aber es ist kein Dauerzustand. Spätestens 2040 ist die Generation der Babyboomer komplett aus dem Arbeitsleben ausgeschieden, wobei ihr Anteil an den Erwerbstätigen und damit die Anzahl der aus dem Erwerbsleben ausscheidenden Personen vorher schon zu sinken beginnt.[3] Als Folge gleichen sich die Zahlen der am Arbeitsmarkt ausscheidenden und eintretenden Personen zunehmend an. Das Missverhältnis verschwindet schrittweise, was den Arbeitsmarkt entlastet. Auf einem anderen Blatt steht die Verschiebung der Alterspyramide hin zu den Älteren, was den Sozialstaat vor neue Herausforderungen stellt.

Auch ein zweiter demografischer Faktor könnte den Fachkräftemangel eindämmen. Deutschland braucht, so hat es das IAB ausgerechnet, jährlich 400.000 Zuwanderer, um die Lücken am Arbeitsmarkt zu schließen.[4] Normalerweise ist das eine enorme Herausforderung und die Prognosen deuten eher auf eine Abschwächung der Zuwanderung. Nicht zuletzt deshalb, weil typische Zuwanderungsländer aus dem Baltikum, Ost- und Südosteuropa in den letzten Jahrzehnten massive Bevölkerungsverluste von bis zu 30 Prozent und mehr hinnehmen mussten und heute selbst unter Fachkräftemangel leiden.

Aber wir leben in extrem unruhigen, volatilen Zeiten und die 1990er Jahre (Flucht vor den Jugoslawienkriegen), die Jahre 2015/16 (Flüchtlingskrise) sowie 2022 (Krieg in der Ukraine) haben mit den durch Krieg und Not verursachten Fluchtbewegungen alle Prognosen pulverisiert. Keiner kann sagen, ob z.B. der Klimawandel mit seinen Folgen für die Lebensbedingungen u.a. im Mittelmeerraum oder neue kriegerische Auseinandersetzungen in den nächsten Jahrzehnten weitere Zuwanderungswellen in das auch dann hoffentlich noch demokratische, liberale und ökonomisch stabile Deutschland auslösen.

Digitale Transformation und Arbeitsmarktentwicklung

Es wird manchen überraschen, aber weder die Computerisierung der 1980er Jahre noch die aktuelle digitale Transformation haben bisher den Arbeitsmarkt durch einen deutlichen Produktivitätsanstieg entlastet. Trotz massiver Digitalisierung, Computereinsatz und Automatisierung hapert es mit der Produktivitätsentwicklung. Diese Erkenntnis wurde bereits 1987 von dem US-Ökonomen Robert Solow mit den Worten „Sie können das Computerzeitalter überall sehen, außer in der Produktivitätsstatistik.“ formuliert. In den 1970er Jahren stieg die Produktivität noch innerhalb einer Dekade um etwa 50 Prozent. Seit dem Jahr 2011, das als virtueller Startschuss der vierten industriellen Revolution gilt, bis 2017 wuchs die Produktivität der Industrie um magere 9 Prozent. In den Jahren vor der Corona-Pandemie kam es in Deutschland in der Industrie sogar zu einem Nullwachstum der Produktivität.[5] Gleiches gilt für die gesamtgesellschaftliche Arbeitsproduktivität. Für die 2010er Jahre weist das Statistische Bundesamt eine durchschnittliche Steigerung von nur noch 0,9 Prozent pro Jahr aus. In den Jahren 2018 und 2019, also noch vor den Verwerfungen, die mit der Corona-Pandemie begannen, stieg die Arbeitsproduktivität in Deutschland um 0,0 und 0,4 Prozent. Es entstanden zwar gerade in Korrespondenz mit der Entwicklung des Internets neue Dienstleistungen.   Aber ein deutlicher Zuwachs der Produktivität wie in vorhergehenden Phasen technologischer Umwälzungen blieb aus. Das ist auch einer der Gründe, warum die oben genannten Studien zu Auswirkungen der Digitalisierung weitgehend in Vergessenheit gerieten und der Fachkräftemangel zum alles beherrschenden Thema wurde.

Seit Beginn dieses Jahres ist nun scheinbar wieder alles anders. Mit dem Aufkommen von auf KI-Systemen beruhenden Text- und Bildgeneratoren ist eine Technologie am Markt angekommen, deren Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt mittelfristig durchaus die Vorhersagen aus 2013 erreichen könnten. ChatGPT 3 und 4 als Textgeneratoren und Dall-E, Midjourney und Google Imagen als Bildgeneratoren sind ständig in den Schlagzeilen, so dass es fast unmöglich ist, die Vielzahl der Publikationen auch nur annähernd zu überblicken. Revolutionär an den Systemen ist u.a. die riesige Menge an Trainingsdaten und die Fähigkeiten, diese in dialogischen Situationen einzusetzen.

Schon ist von einem neuen iPhone-Moment die Rede und die Liste der den KI-Systemen zugebilligten Fähigkeiten wird immer länger. Fast schon klassisch ist ihre Fähigkeit, Texte unterschiedlichster Art zu generieren. Sie reichen von Zusammenfassungen und Protokollen über Gliederungen und komplexen Wissenssammlungen bis hin zu wissenschaftlichen Arbeiten oder Geschichten, Gedichten und Liedern. Bildgeneratoren schaffen überraschende Bilder in hoher Qualität. Ich kann allen Leserinnen und Lesern, die es noch nicht getan haben nur empfehlen, selbst auszuprobieren, was da alles mit einfachsten Zugangsvoraussetzungen möglich ist.

Die Liste der Fähigkeiten geht weiter. Die Sprachmodelle können programmieren, auch wenn Insider anmerken, dass noch eine Menge Fachwissen des beauftragenden Menschen nötig ist, um das Ergebnis zu implementieren und zu nutzen. Selbst die Steuerung von Robotern wird praktiziert. Präsentationen erstellen ist genauso möglich wie der Bau von Webseiten nach einfachen Vorgaben. Die Systeme können mit Menschen sprechen oder Übersetzungen anfertigen. Der neueste Schrei ist ihre multimodale Gestaltung, die es ihnen ermöglicht, gleichermaßen Texte und auch Bilder zu verarbeiten. Bisherige Beschränkungen durch Trainingsdaten bis 2021 werden durch die Ankopplung an das Internet mit Plug-ins überwunden.

Zu den Auswirkungen der KI-Text- und Bildgeneratoren auf die Arbeitswelt und einzelne Arbeitsplätze gibt es im Augenblick mehr Detailuntersuchungen, Vermutungen und Annahmen als übergreifende Forschungsergebnisse. Zunehmend wird klar, dass hier neue Instrumente zur Verfügung stehen, die vor allem Wissensarbeiter*innen der unterschiedlichsten Art betreffen. Die betroffene Wissensarbeit reicht dabei von relativ einfachen sich wiederholenden Aufgaben bis hin zu hochgradig kreativen und spezialisierten Tätigkeiten und Führungsaufgaben. Es fällt schwer eine Grenze zu ziehen, wieweit der Einsatz reichen wird, denn schließlich stehen wir ja noch ziemlich am Anfang einer rasanten Entwicklung.

Eine zweite Schlussfolgerung mag auf den ersten Blick etwas beruhigen: Die Systeme ersetzen nur selten jemand in dem Sinne, dass eine ganze Berufsgruppe überflüssig wird. Sie bieten vielmehr mächtige Werkzeuge, welche die Produktivität der einzelnen Beschäftigten drastisch steigern kann. Es braucht weiter Jurist*innen, Programmierer*innen, Buchhalter*innen, Journalist*innen oder Forscher*innen und sogar Übersetzer*innen. Aber möglicherweise nicht mehr so viele, weil das gleiche Arbeitspensum mit Hilfe der KI von deutlich weniger Personen erledigt wird. Eine Studie der Macher von ChatGPT kommt zu dem Ergebnis, dass rund 80 Prozent der Arbeitskräfte in den USA rund 10 Prozent ihrer Aufgaben an GPTs delegieren werden.[6] Nach einer Untersuchung von Goldmann Sachs könnte ChatGPT weltweit 300 Millionen Vollzeitarbeitsplätze kosten. In den USA sollen vor allem Rechtsangestellte und Verwaltungsangestellte betroffen sein.[7] Aber wie gesagt – das ist erst der Anfang. Wieviel Dynamik aber auch Risikopotenzial in der Technologie steckt, zeigt ein offener Brief von mehr als 1.000 namhaften Brancheninsidern (darunter Elon Musk und andere Tech-Riesen), in dem eine Entwicklungspause gefordert wird, um verbindliche Regeln für Entwicklung und Einsatz für generative KI festzulegen und durchzusetzen.[8]

Es scheint so, als ob die lange ausbleibende Produktivitätssteigerung durch Digitalisierung nunmehr Wirklichkeit wird und die Vision der Forschenden aus dem Jahr 2013 doch noch eintritt.  Als Gegenargument wird immer wieder betont, dass neue Technologien auch neue Tätigkeiten hervorbringen. Beispielsweise für die Entwicklung, den Bau, das Trainieren, die Implementierung und Wartung der neuen Technologien.[9] Oder die vorzugsweise in Billiglohnländern durchgeführte Datenannotation – das sichten, sortieren und markieren von Datensätzen für den Lernprozess der KI.[10]

Angesichts der einfachen Zugangsmöglichkeiten zu den KI-Systemen über das Netz und der Möglichkeit, manche Typen sogar auf normalen Rechnern zu installieren, könnte sich der Bedarf im Unterschied zu anderen Sprunginnovationen allerdings in Grenzen zu halten. Beispiele für echt neue Tätigkeiten sind sogenannte „Prompt Writer“, die Texte für andere Personen verfassen und in der Lage sind, die Leistungsfähigkeit der KI voll auszureizen.[11]

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Welche Qualifikationen werden weiter gebraucht?

Insgesamt ist zu vermuten, dass die Qualifikationsanforderungen an die verbleibenden Wissensarbeiter bei Nutzung von KI eher ansteigen. Sie übernehmen zusätzlich zu ihrer bisherigen Tätigkeit die Funktion von Supervisoren. Dazu brauchen sie enormes Wissen (Abschätzung Plausibilität), methodische Fähigkeiten bei der Fehlersuche und Problemlösefähigkeit, um mögliche Fehler der KI auszubügeln. Sie arbeiten zusammen mit Bedienungsspezialisten für die KI wie die oben genannten „Prompt Writer“ sowie mit IT-Spezialisten wie Systemadministratoren für die Implementation und Integration der KI in die betriebliche IT. Das alles wird aber den zu vermutenden Rückgang des Bedarfes an Wissensarbeiter*innen nicht ausgleichen.

Vor diesem Hintergrund sind wir sehr schnell bei der Frage, welche Betätigungsfelder in Zukunft aufnahmefähig sind für Menschen auf der Suche nach bezahlter Erwerbstätigkeit. Aus meiner Sicht sind das vor allem zwei Tätigkeitsgruppen.

Der erste Bereich umfasst alle Tätigkeiten im direkten Umgang mit Menschen – insbesondere mit Zielgruppen, die ein hohes Maß an Empathie einfordern. Dazu gehören u.a. Pflege, Lehre für Kinder und Benachteiligte. Notwendig sind neben Empathie und Resilienz auch pädagogisch/psychologische sowie pflegerische Kenntnisse und vor allem Fähigkeiten. Für die Lehrkräfte, deren Fehlen ja gegenwärtig die ganze Republik erschüttert, sei noch angemerkt, dass ihr Bedarf in dem Maße sinkt, wie die Lernenden über eigene Lernstrategien und Lernmotivationen verfügen und die Rolle der reinen Wissensvermittlung gegenüber der Persönlichkeitsentwicklung zunimmt. Vereinfacht gesagt: Lehrkräfte in der Kita und der Grundschule sind unverzichtbar. In der Sekundarstufe II kann das schon ganz anders aussehen. Denn alle genannten Gruppen werden schon in naher Zukunft den Zugang zu KI-Systemen als Text- und Bildgeneratoren haben, die Ihnen personalisiertes Wissen in Echtzeit zur Verfügung stellt. In meinem Artikel vom September 2021 zur Zukunft der Weiterbildung in dieser Zeitschrift habe ich sie als persönliche digitale Assistenten bezeichnet und ausführlich beschrieben.

Der zweite Bereich bezieht sich auf den Totalumbau aller von den Menschen verwendeten Technologien mit dem Ziel der Dekarbonisierung (von mir bezeichnet als 5. Industrielle Revolution).[12] Dazu werden Menschen benötigt, die ein ausgeprägtes technisches Grundverständnis, Spezialkenntnisse zu den jeweiligen Technologien und vor allem technologische Fähigkeiten besitzen. In den beiden Bereichen werden gleichermaßen körperliche und Wissensvoraussetzungen benötigt, die sich deutlich von den Fähigkeiten von Wissensarbeiter*innen unterscheiden.

In diesem Zusammenhang könnte man provokativ fragen, woran man die gefährdeten Tätigkeiten der Zukunft erkennt? Die Antwort passt nicht in die aktuelle Diskussion um erstrebenswerte Arbeitsplätze. Denn gefährdet sind zukünftig außerhalb der verbleibenden hochproduktiven Wissensarbeit vor allem solche Tätigkeiten, die vollständig im Homeoffice realisierbar sind und weder direkten Kontakt mit Menschen (Empathie) noch ganzheitlichen Einsatz von Körper und Geist (technologische Tätigkeiten) benötigen.

Folgen des Zusammenwirkens von Demografie und Technologie am Arbeitsmarkt

Die scheinbar provokative Frage wird aber vor allem dann essentiell, wenn wir die oben geschilderte demografische Entwicklung einschließlich der Folgen für die Verfügbarkeit von Arbeitskräften mit der technologischen Entwicklung zusammendenken. Dann wird deutlich, dass wir in nicht allzu weiter Ferne eine erneute Umkehrung der Situation am Arbeitsmarkt erleben könnten. Der Arbeitsmarkt wandelt sich vom Arbeitnehmer- zum Arbeitgebermarkt. Mit allen Folgen für die Erwerbspersonen und die Unternehmen. 

Stehen wir vor einem Epochenbruch?

Seit den Arbeiten von Robert E. Lane (Knowledgeable Societies) und Daniel Bell (The Coming of Post-Industrial Society) gilt unsere Entwicklungsetappe als „die Wissensgesellschaft“. Die mit KI erreichbare extreme Produktivitätssteigerung bei der Wissensverarbeitung hat Ähnlichkeiten mit den Produktivitätssteigerungen beim Übergang von der Agrar- zur Industriegesellschaft und von der Industriegesellschaft zur Wissensgesellschaft. In beiden Fällen wurden durch Produktivitätssteigerungen massenhaft Arbeitskräfte in der alten Produktionsweise freigesetzt, die Eingang in neue Wirtschaftsbereiche fanden.

Es wäre interessant zu diskutieren, ob auch die Wissensgesellschaft vor einem solchen Übergang steht. In dem Sinne, dass die dank KI hochproduktive Wissensarbeit deutlich weniger Beschäftigte aufnimmt, die dann in den Care-Sektor und den Umbau der technologischen Basis unserer Gesellschaft wandern.  Die Wissensgesellschaft würde dann (möglicherweise) transformiert zur Care-/ Zero Carbon Society.

Was Wissensarbeiter*innen tun können:

Dieser Artikel erscheint in voller Länge zusammen mit einem Tutorial für Wissensarbeiter:innen demnächst auf der Seite https://www.managerseminare.de/.

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Gerne kommen unsere professionellen Keynote-Speaker:innen zu Ihnen ins Haus, um einen umfassenden Blick über KI und Arbeit zu geben.

Zu den Speakern

Quellen:

[1] https://www.oxfordmartin.ox.ac.uk/downloads/academic/The_Future_of_Employment.pdf

[2] https://www.businessinsider.de/wirtschaft/rekord-bei-offenen-stellen-unternehmen-in-deutschland-suchen-zwei-millionen-mitarbeiter/

[3] Angenendt, S. (2015): Politische Steuerung der Zuwanderung. In: Nachrichten. Magazin der Akademie für Raumforschung und Landesplanung, 45. Jg., H. 3/2015, S. 11 – 17.

[4] https://www.deutsche-handwerks-zeitung.de/deutschland-braucht-jaehrlich-400-000-zuwanderer-212632/?gclid=EAIaIQobChMI6_7P_Kj3_QIVs49oCR1wpQC5EAMYAyAAEgLR0_D_BwE

[5] https://www.piqd.de/volkswirtschaft/stagnierende-arbeitsproduktivitat-die-herausforderung?ref=dailydigest&utm_campaign=viewpiq&utm_content=2021-10-15&utm_medium=email&utm_source=dailydigest_contenttable

[6] https://www.chip.de/news/Macht-ChatGPT-Sie-bald-arbeitslos-Diese-Berufe-sind-besonders-bedroht_184709535.html?layout=amp

[7] https://t3n.de/news/ki-chatgpt-arbeitsplaetze-beeintraechtigen-gefaehrdet-1544426/?xing_share=news

[8] https://www.stern.de/amp/digital/online/entwicklungspause-fuer-chatgpt–elon-musk-und-tech-riesen-warnen-vor-ki-33327968.html

[9] https://amp.focus.de/finanzen/chatgpt-warum-ki-eine-jobmaschine-statt-jobkiller-sein-wird_id_189475017.html

[10] https://netzpolitik.org/2023/datenarbeit-wie-millionen-menschen-fuer-die-ki-schuften/?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE

[11] https://www.notebookcheck.com/Neuer-Beruf-durch-ChatGPT-Prompt-Writing-mit-Jahresgehalt-bis-zu-300-000-US-Dollar.702228.0.html

[12] https://themis-foresight.com/publications/energie-report/


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Wie entwickelt sich Europas Wirtschaft in einer neuen Ära? 

Wie entwickelt sich Europas Wirtschaft in einer neuen Ära?

Das sind die Antworten der Forschung

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    Themis Foresight
  • 22. Februar 2023
  • News, Forschung

An der Schwelle zu einer neuen Ära – Szenarien für europäische Unternehmen in einer neuen Weltordnung

Ein Jahr russischer Angriffskrieg auf die Ukraine hat die Weltordnung verändert– in der Gegenwart, unmittelbaren Zukunft, aber auch in Sachen Langzeitperspektive. Die Denkfabrik Themis Foresight hat die Auswirkungen für die europäische Wirtschaft in einem seit Kriegsbeginn dauernden Forschungsprojekt untersucht. Tiefeninterviews mit einflussreichen Akteur:innen aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft zeigen fundierte mögliche Entwicklungen fernab von Schnellschuss-Orakeln.

Von Beginn an disruptiv

Der Krieg Russlands gegen die Ukraine beeinflusste im Februar 2022 unmittelbar die kurz- und langfristigen Strategien von Unternehmenslenker:innen. Das legte das sechsstufige Forschungsprojekt von Themis Foresight schon in seiner ersten Stufe offen. Zum Start hatten die Forscher der Denkfabrik rund 500 Entscheider:innen darüber befragt, welche damals aktuellen wirtschaftspolitischen Fragen sie bewegten. Diese und weitere Forschungs-Ergebnisse waren Grundlage eines Future Labs, in dem der Expertenrat von Themis Foresight Hypothesen in Bezug auf wirtschaftliche Entwicklungen formulierte. Nach einer weiteren Befragung, sowie Tiefeninterviews mit Expert:innen aus 19 Ländern haben sie nun exakt nach einem Jahr Kriegsgeschehen in Europa fünf mögliche Zukünfte für die europäische Wirtschaft entworfen. In diesen fünf Szenarien erklären die Forscher:innen von Themis Foresight, wie sich Europa in dieser neuen Ära entwickeln kann. Die Szenarien zielen auf einen Zeithorizont bis ins Jahr 2045.

Fünf Zukünfte für informierte Entscheidungen

Mit wagemutigen ad-hoc-Prognosen, wie Berater sie in Talkshows skizzieren, haben diese fundierten Entwürfe also nichts gemein. Aus den verschiedenen Szenarien wollen die Forscher:innen von Themis Foresight vielmehr Perspektiven für Entscheider:innen jenseits von kurzfristigen und – wegen Mangels an Informationen – auch wenig fundierten Handlungsdrucks bieten. Denn Lieferketten lassen sich nicht über Nacht umbauen, Märkte nicht ad hoc verlagern, Rohstoffe nicht aus dem Nichts herbeizaubern. Szenarien sollen Lenker:innen dabei unterstützen, mit Eventualitäten umzugehen und viele Optionen in Betracht zu ziehen, also auch „Blind Spots“ minimieren. Verschiedene mögliche, wahrscheinliche oder wünschbare Szenarien für die europäische Wirtschaft sollen eine Analysegrundlage bilden, damit Unternehmen besser handlungsfähig, resilienter und auf Veränderungen vorbereitet sind.

„Die fünf Entwürfe sind nicht die einzigen Möglichkeiten, aber es sind kohärente Szenarien, die dabei helfen, kritische Fragen darüber zu entwickeln, was wir heute tun müssen. Aus jeder der fünf möglichen Zukünfte, die wir hier vorstellen, können Perspektiven und Handlungsoptionen abgeleitet werden.“ 

Themis Foresight CEO Jan Berger

Fünf Szenarien als Ergebnis von einem Jahr Forschung

Szenario 1: Europa: Eine blühende Mittelmacht

In den ersten beiden Jahrzehnten des 21. Jahrhunderts hat Europa den Vorsprung im Wettlauf um digitale, klima- und energiepolitische Innovationen verloren. Da die Wirtschaft ihre Technologien und Betriebe in andere Teile der Welt verlagert und die G7 ihre globale Bedeutung verloren hat, war Europa gezwungen, umzudenken. Europa konzentriert sich auf die Erfüllung der Klimaziele, setzt Handelskonflikte aus und sucht die Zusammenarbeit mit Ländern und Regionen, die technologisch führend sind. Indem es seine Rolle als „nur“ eine Mittelmacht akzeptiert, blüht Europa in seinem Fokus auf das Klima auf.

Szenario 2: Europa als globales Dorf

Das „Global Village Europe“ ist eine weitgehend in sich geschlossene geografische und wirtschaftliche Einheit. Die vereinte wirtschaftliche und politische Union leistet Pionierarbeit in Sachen Kreislaufwirtschaft, modernes Leben innerhalb der planetaren Grenzen und Alternativen zum Rohstoffabbau. Die Innovation floriert und verhindert so den wirtschaftlichen Niedergang.

Szenario 3: Das Ende der Geschichte – wieder einmal

In diesem Szenario behält der „globale Westen“ seine Führungsrolle in der Welt, wobei Europa die Stellung eines Juniorpartners der USA einnimmt. Die westliche Dominanz wird durch technologische Vorherrschaft, angewandte Innovation und neu gestaltete Beziehungen zu den Entwicklungsländern gesichert. Europa folgt den USA, die den Weg vorgeben.

Szenario 4: Der große Exit

Im Jahr 2045 hat die EU aufgehört, als wirtschaftliche und politische Union zu existieren. Betriebskosten sind angesichts der Unsicherheit, des finanziellen Risikos und der Neuverhandlung von Handels- und anderen Beziehungen hoch, Europa ist dadurch verwundbar. Da die Regeln für Handel und Zusammenarbeit neu geschrieben werden, scheinen nur große und stabile Unternehmen den Sturm zu überstehen.

Szenario 5: Unternehmerischer Triumph in Europa

In diesem Szenario gibt die Wirtschaft die Parameter für die Gesellschaft vor. Im Unternehmensstaat besteht das Ziel der Gesellschaft darin, Produkte und Dienstleistungen herzustellen und zu verkaufen. Der Staat bietet den Unternehmen Garantien und Schutzmaßnahmen, im Gegenzug finanzieren und organisieren die Unternehmen die regionale Entwicklung und die soziale Sicherheit.

Details über die unterschiedlichen Faktoren, die den Fragestellungen des Forschungsprojektes zugrunde liegen, sowie die Implikaturen aller fünf Szenarien finden sich in der aktuellen Zukunftsanalyse „An der Schwelle zu einer neuen Ära: Szenarien für europäische Unternehmen in einer neuen Weltordnung“ von Siv Helen Hesjedal (Senior Researcher), Jan Berger (Founder & CEO), Dr. Ewald Böhlke (Beirat) und James Hoefnagels (Senior Researcher & Strategist) von Themis Foresight. Unterstützt wurde diese Studie durch den Unternehmensverband Südwest und Südwestmetall, dem Verband der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg.

  • Der Report

  • Fünf Szenarien

  • Die Autor:innen: James Hoefnagels, Dr. Ewald Böhlke, Jan Berger, Siv Helen Hesjedal

  • Future Lab als Teil des Projektes

Der Report

Die Studie „An der Schwelle zu einer neuen Ära: Szenarien für europäische Unternehmen in einer neuen Weltordnung“ wird am 24. Februar 2023 veröffentlicht und auf Deutsch und Englisch zum Download zur Verfügung gestellt. Pressevertretern werden Ergebnisse aus der Studie auf Wunsch vorab bereitgestellt. Bitte wenden Sie sich dafür an semhardebas@adpublica.com

Zum Report


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Szenarien für die europäische Wirtschaft

Szenarien für die europäische Wirtschaft

  • Profilbild Themis Foresight

    Themis Foresight
  • 19. Dez 2022
  • Forschung

Welche Szenarien für die europäische Wirtschaft gibt es? Teilnehmer des Future Labs in Frankfurt diskutierten das Ende November.

Das Wachstum der europäischen Wirtschaft fußte in den letzten drei Jahrzehnten auf fünf wesentlichen Säulen. Billige Energie aus Russland, billige Waren aus China, billige Liquidität von den Notenbanken, billige Sicherheit aus den USA und Export teurer Hochtechnologien vor allem nach Asien. Obwohl im Ausmaß unterschiedlich, ist keine dieser Voraussetzungen mehr in den nächsten 10 – 15 Jahren gegeben.

Im Bereich der Hochtechnologien rutscht Europa aus der Weltspitze in die zweite Liga, geopolitische Verschiebungen der Machtverhältnisse erfordern ein wachsendes Sicherheitsengagement, Deglobalisierung erhöht die Kapitalkosten, China konkurriert im Bereich hochwertiger Industrieanlagen und -produkte und mittelfristig können erneuerbare Energien nicht den Wegfall billiger fossiler Energie kompensieren.

Vor diesem Hintergrund entwickelte Themis Foresight im Rahmen einer großen Studie „Europas Wirtschaft in einer neuen Weltordnung“ fünf Zukunftsszenarien der europäischen Wirtschaft, wobei alle Szenarien zur Grundlage hatten, dass die Erreichung des klimaneutralen Umbaus der Wirtschaft bis 2050 erreicht wird und es zu keiner globalen Eskalation kriegerischer Auseinandersetzungen zwischen den geopolitischen Machtzentren kommt.

Unsere Szenarien erweisen sich für Unternehmen als nützliche Grundlage für eine Prüfung, unter welchen Voraussetzungen ihre Geschäftsmodelle in unterschiedlichen Szenarien unter Druck geraten und wo sich Chancen für eine nachhaltige Geschäftssicherung eröffnen.

Wir bieten an, mit Unternehmen konkrete Risiken und Chancen für ihr Geschäftsmodell zu betrachten und daraus Maßnahmen-Empfehlungen abzuleiten.

Projekt: Auswirkungen der 5 Szenarien auf Ihr Geschäftsmodell

Jan Berger, CEO und Projektleiter der 10-monatigen Forschung stellt Ihnen das Thema gerne in einem Gespräch vor.

Kontakt aufnehmen

Eindrücke unserer Diskussionen zu Thema mit unserem Netzwerk in Berlin und Frankfurt (Mai bis November 2022)

  • 20221128_Reportage_QX Manor Frankfurt_Web_30

  • 20221128_Reportage_QX Manor Frankfurt_Web_84

  • 20221128_Reportage_QX Manor Frankfurt_Web_77

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  • 20221128_Reportage_QX Manor Frankfurt_Web_04

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Dekarbonisierung: Beratung für Unternehmen

Dekarbonisierung für Unternehmen

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    Themis Foresight
  • 12. Dezember 2022
  • Forschung

Dekarbonisierung und eine Neu-Ausrichtung der Energieversorgung von Unternehmen für die Zukunft: Themis Foresight forscht und berät dazu momentan Unternehmen aller Branchen

Wie können Unternehmen Energie sparen? Wie können Energiekosten gesenkt werden? Welche Schritte müssen Unternehmen in der Dekarbonisierung gehen? Wie kann das Energiesystem effizienter werden? Welche Energie-Technologien werden die nächsten Jahrzehnte bestimmen und welche Investments lohnen sich unternehmensintern langfristig? Viele Unternehmen wollen klimaneutral werden und ihre Geschäftsmodelle hinsichtlich der Dekarbonisierung ausrichten. Themis Foresight beleuchtet momentan mit Unternehmen verschiedenster Branchen, was das individuell für sie bedeuten kann.

Dekarbonisierung und Neu-Ausrichtung der Energieversorgung

Wie könnte so ein Projekt konkret aussehen? Mehr dazu finden Sie hier:

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