Wie entwickelt sich Europas Wirtschaft in einer neuen Ära?
Wie entwickelt sich Europas Wirtschaft in einer neuen Ära?
Das sind die Antworten der Forschung
An der Schwelle zu einer neuen Ära – Szenarien für europäische Unternehmen in einer neuen Weltordnung
Ein Jahr russischer Angriffskrieg auf die Ukraine hat die Weltordnung verändert– in der Gegenwart, unmittelbaren Zukunft, aber auch in Sachen Langzeitperspektive. Die Denkfabrik Themis Foresight hat die Auswirkungen für die europäische Wirtschaft in einem seit Kriegsbeginn dauernden Forschungsprojekt untersucht. Tiefeninterviews mit einflussreichen Akteur:innen aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft zeigen fundierte mögliche Entwicklungen fernab von Schnellschuss-Orakeln.
Von Beginn an disruptiv
Der Krieg Russlands gegen die Ukraine beeinflusste im Februar 2022 unmittelbar die kurz- und langfristigen Strategien von Unternehmenslenker:innen. Das legte das sechsstufige Forschungsprojekt von Themis Foresight schon in seiner ersten Stufe offen. Zum Start hatten die Forscher der Denkfabrik rund 500 Entscheider:innen darüber befragt, welche damals aktuellen wirtschaftspolitischen Fragen sie bewegten. Diese und weitere Forschungs-Ergebnisse waren Grundlage eines Future Labs, in dem der Expertenrat von Themis Foresight Hypothesen in Bezug auf wirtschaftliche Entwicklungen formulierte. Nach einer weiteren Befragung, sowie Tiefeninterviews mit Expert:innen aus 19 Ländern haben sie nun exakt nach einem Jahr Kriegsgeschehen in Europa fünf mögliche Zukünfte für die europäische Wirtschaft entworfen. In diesen fünf Szenarien erklären die Forscher:innen von Themis Foresight, wie sich Europa in dieser neuen Ära entwickeln kann. Die Szenarien zielen auf einen Zeithorizont bis ins Jahr 2045.
Fünf Zukünfte für informierte Entscheidungen
Mit wagemutigen ad-hoc-Prognosen, wie Berater sie in Talkshows skizzieren, haben diese fundierten Entwürfe also nichts gemein. Aus den verschiedenen Szenarien wollen die Forscher:innen von Themis Foresight vielmehr Perspektiven für Entscheider:innen jenseits von kurzfristigen und – wegen Mangels an Informationen – auch wenig fundierten Handlungsdrucks bieten. Denn Lieferketten lassen sich nicht über Nacht umbauen, Märkte nicht ad hoc verlagern, Rohstoffe nicht aus dem Nichts herbeizaubern. Szenarien sollen Lenker:innen dabei unterstützen, mit Eventualitäten umzugehen und viele Optionen in Betracht zu ziehen, also auch „Blind Spots“ minimieren. Verschiedene mögliche, wahrscheinliche oder wünschbare Szenarien für die europäische Wirtschaft sollen eine Analysegrundlage bilden, damit Unternehmen besser handlungsfähig, resilienter und auf Veränderungen vorbereitet sind.
„Die fünf Entwürfe sind nicht die einzigen Möglichkeiten, aber es sind kohärente Szenarien, die dabei helfen, kritische Fragen darüber zu entwickeln, was wir heute tun müssen. Aus jeder der fünf möglichen Zukünfte, die wir hier vorstellen, können Perspektiven und Handlungsoptionen abgeleitet werden.“
Themis Foresight CEO Jan Berger
Fünf Szenarien als Ergebnis von einem Jahr Forschung
Szenario 1: Europa: Eine blühende Mittelmacht
In den ersten beiden Jahrzehnten des 21. Jahrhunderts hat Europa den Vorsprung im Wettlauf um digitale, klima- und energiepolitische Innovationen verloren. Da die Wirtschaft ihre Technologien und Betriebe in andere Teile der Welt verlagert und die G7 ihre globale Bedeutung verloren hat, war Europa gezwungen, umzudenken. Europa konzentriert sich auf die Erfüllung der Klimaziele, setzt Handelskonflikte aus und sucht die Zusammenarbeit mit Ländern und Regionen, die technologisch führend sind. Indem es seine Rolle als „nur“ eine Mittelmacht akzeptiert, blüht Europa in seinem Fokus auf das Klima auf.
Szenario 2: Europa als globales Dorf
Das „Global Village Europe“ ist eine weitgehend in sich geschlossene geografische und wirtschaftliche Einheit. Die vereinte wirtschaftliche und politische Union leistet Pionierarbeit in Sachen Kreislaufwirtschaft, modernes Leben innerhalb der planetaren Grenzen und Alternativen zum Rohstoffabbau. Die Innovation floriert und verhindert so den wirtschaftlichen Niedergang.
Szenario 3: Das Ende der Geschichte – wieder einmal
In diesem Szenario behält der „globale Westen“ seine Führungsrolle in der Welt, wobei Europa die Stellung eines Juniorpartners der USA einnimmt. Die westliche Dominanz wird durch technologische Vorherrschaft, angewandte Innovation und neu gestaltete Beziehungen zu den Entwicklungsländern gesichert. Europa folgt den USA, die den Weg vorgeben.
Szenario 4: Der große Exit
Im Jahr 2045 hat die EU aufgehört, als wirtschaftliche und politische Union zu existieren. Betriebskosten sind angesichts der Unsicherheit, des finanziellen Risikos und der Neuverhandlung von Handels- und anderen Beziehungen hoch, Europa ist dadurch verwundbar. Da die Regeln für Handel und Zusammenarbeit neu geschrieben werden, scheinen nur große und stabile Unternehmen den Sturm zu überstehen.
Szenario 5: Unternehmerischer Triumph in Europa
In diesem Szenario gibt die Wirtschaft die Parameter für die Gesellschaft vor. Im Unternehmensstaat besteht das Ziel der Gesellschaft darin, Produkte und Dienstleistungen herzustellen und zu verkaufen. Der Staat bietet den Unternehmen Garantien und Schutzmaßnahmen, im Gegenzug finanzieren und organisieren die Unternehmen die regionale Entwicklung und die soziale Sicherheit.
Details über die unterschiedlichen Faktoren, die den Fragestellungen des Forschungsprojektes zugrunde liegen, sowie die Implikaturen aller fünf Szenarien finden sich in der aktuellen Zukunftsanalyse „An der Schwelle zu einer neuen Ära: Szenarien für europäische Unternehmen in einer neuen Weltordnung“ von Siv Helen Hesjedal (Senior Researcher), Jan Berger (Founder & CEO), Dr. Ewald Böhlke (Beirat) und James Hoefnagels (Senior Researcher & Strategist) von Themis Foresight. Unterstützt wurde diese Studie durch den Unternehmensverband Südwest und Südwestmetall, dem Verband der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg.
Der Report
Die Studie „An der Schwelle zu einer neuen Ära: Szenarien für europäische Unternehmen in einer neuen Weltordnung“ wird am 24. Februar 2023 veröffentlicht und auf Deutsch und Englisch zum Download zur Verfügung gestellt. Pressevertretern werden Ergebnisse aus der Studie auf Wunsch vorab bereitgestellt. Bitte wenden Sie sich dafür an semhardebas@adpublica.com